An der Abstufung herabgestuft
Fitch stuft Banken ab, darunter vier österreichische — Die Ratingagentur Fitch hat am Dienstagabend mit der erwarteten Massenabstufung von europäischen Banken begonnen.
besser wäre z.B.:
Fitch stuft Banken herab, darunter vier österreichische — Die Ratingagentur hat … mit der erwarteten Verminderung der Ratings zahlreicher europäischer Banken begonnen.
oder: … mit der erwarteten Zurückstufung der Ratings zahlreicher europäischer Banken …
Fitch kann sein Rating abstufen. Aber die Bank? Das würde bedeuten, der Bank ein abgestuftes Profil zu geben, sodass, zum Beispiel, jemand an ihr hinaufklettern kann. Abstufung ist eine Form der Digitalisierung. Ein natürlicher Verlauf wird zu einem bestimmten Zweck in konsistente, bewusst gewählte Einheiten unterteilt. Das Rating einer Ratingagentur ist dafür ein gutes Beispiel. Der Weg zwischen “höchst sichere Anlage” und “wahrscheinlicher Verlust” ist in regelmäßigen Schritten abgemessen, die mit einer systematischen Beschriftung versehen sind. Stellt man sich diesen Weg als auf einer schiefen Ebene befindlich vor, auf der es ein Oben und ein Unten gibt, liegt die Analogie zu Stufen einer Treppe nahe. Die Beschriftung der Stufe – die bei jeder Agentur anders ist – zeigt an, wo sich eine Bank oder ein Emittent gerade befindet.
Die Tradition, Oben mit “gut” und Unten mit “schlecht” zu verbinden, hat wohl einen gesellschaftlich-religiösen Hintergrund – was alle sehen, aber nicht alle erreichen können, muss oben sein. Diese Tradition bringt es jedenfalls mit sich, dass ein Schritt zum Schlechteren als Abstieg interpretiert wird. Von Schritt und Abstieg, also bewussten Handlungen, kann in diesem Zusammenhang jedoch nicht die Rede sein, denn diejenigen, die auf diesem Weg nach unten sind, sind dies nicht freiwillig. Sie, oder besser ihre Namen, werden auf der imaginären Skala um eine oder mehrere Stufen nach unten bewegt. Beobachtet wird dieser Vorgang von unten aus, als beschrieben ihn Touristen am Fuß der Eigernordwand an ihren Fernrohren, und als bewegten sich die nach unten Gestuften auf diese zu. Sie steigen nicht ab, sondern werden herabgestuft.
Es gibt offenbar im militärischen Bereich den Begriff der Abstufung als Synonym für Degradierung. Warum ihn aber mit der weit gebräuchlicheren Abstufung im oben beschriebenen Sinn kollidieren lassen, wenn man z.B. genauso gut, und dabei sprachlich konfliktfrei, von “Zurückstufung” sprechen kann? Das Argument, es doch zu tun, führt die weit entfernten Kontexte ins Feld: Niemand wird sich unter “Abstufung einer Bank” vorstellen, dass in die Bank Stufen getrieben werden, schon gar nicht im Zusammenhang mit einer Ratingagentur. Unter “fein abgestuften Duftnoten” wird andererseits niemand die geringfügige Verminderung einer Duftwirkung verstehen. Diesem Argument muss man zustimmen. Doch erstens ist schwer vorherzusehen, ob es wirklich keinerlei Gelegenheiten geben wird, bei denen Verwechslungsgefahr besteht, und zweitens, als prinzipielles Argument, sollte man sich immer gut überlegen, ob man aus sprachlicher Bequemlichkeit unnötige Homonyme produzieren oder zulassen will, .