Neu besetzt in wann?
Das Amt des Zeremonienmeisters wurde in 2012 neu besetzt.
richtig:
Das Amt des Zeremonienmeisters wurde 2012 neu besetzt.
ODER:
Das Amt wurde… im Jahr 2012 neu besetzt.
Aus dem Deutschen war die Präposition “in” in Verbindung mit einer Jahresangabe schon lange verschwunden. Sie leitete sich als Kurzform von der Formel “im (auch: in) soundsovielten Jahr (des Herrn)” ab, angelehnt an das lateinische “Anno (Domini) …”. Es handelt sich, wie leicht zu erkennen ist, um eine Zählung auf der Basis unserer christlichen Zeitrechnung. Also zum Beispiel: “Im/in 1788. Jahr”, wovon zwecks Kürzung “Im/in 1788.” oder manchmal nur “Im/in 1788” übrigblieb.
Wer diese ehrwürdige Tradition gerne fortführen möchte, kann dies auf ganz normale Weise tun:
Das Amt des Zeremonienmeisters wurde im Jahr 2012 neu besetzt.
Die Kurzform davon lautet nur “2012”, weil die Jahresbezeichnung wie ein Umstandswort der Zeit behandelt wird, wie “heute”, “morgen” oder “heuer” (ein nur im süddeutschen Raum und in Österreich gebräuchliches Wort für: in diesem Jahr). Es wäre im Deutschen, allerdings nur umgangssprachlich, auch möglich zu sagen “Mittwoch geh’ ich immer auf den Markt” oder “April krieg ich dann Gehaltserhöhung”. Man schreibt aber korrekt: “am Mittwoch” und “im April”. Bei einer Terminangabe ist es wiederum freigestellt, eine Präposition zu verwenden:
Am Dienstag, dem 12. April 2012 um 12 Uhr oder
Dienstag, den 12. April 2012, 12 Uhr
Warum die Unterschiede?
Offensichtlich haben sie mit der Tatsache zu tun, dass die Namen der Wochentage und der Monate bestimmte Artikel besitzen: “der Mittwoch” und “der April”. Auch “das Jahr” hat natürlich einen bestimmten Artikel. Die Zahl 2012 für das Jahr “2012” hat keinen Artikel, sie wird auch nicht als Substantiv oder etwa als Name des Jahres aufgefasst. Sie ist, zumindest im Deutschen, ein Umstand der Zeit, welcher ja auch dem Dienstag und dem 12.April erst seine feste zeitliche Bedeutung gibt. Die Funktion der direkten Zeitangabe auf die einfache Frage Wann? begründet auch das Weglassen der Präpositionen im Fall von “Dienstag, den 12.April 2012, 12 Uhr”. Daher ist die Antwort:
2012
auf die Frage “Wann wurde das Amt des Zeremonienmeisters neu besetzt?” völlig korrekt. “In” wird bei Zeitangaben ausschließlich verwendet, wenn sich die Frage “wann?” auf eine Zeitspanne in der Zukunft bezieht:
— Wann wird dieses Amt neu besetzt?
— In drei Jahren. ODER: — (Im Jahr) 2017.
Wenn sich das “in” wieder in unsere diesbezüglichen Jahresangaben einschleicht, beruht dies wohl nicht auf einer Rückbesinnung auf sprachliche Gebräuche früherer Jahrhunderte. Mit den historischen Quellen, welche die Grundlage für dieses aktuelle Phänomen sein könnten, befassen sich nur wenige, und ganz bestimmt nicht jene, die heute “in” vor eine Jahreszahl setzen. Die Lösung ist viel einfacher: Es handelt sich um sprachliche Unsicherheiten bei deutschen Übersetzungen aus dem Englischen, vornehmlich jenen für Synchronisation und Untertitelungen, die uns bereits, neben vielem anderen, die Synonyme “Charakter = Figur” und “ich denke = ich glaube/ich finde” eingebrockt haben. Wenn immer beklagt wird, dass das Englische bei gleicher Präzision um soviel kürzer sein kann als das Deutsche, welcher Sinn sollte dann darin liegen, noch zusätzliche Längen, die das Deutsche nicht hat, aus dem Englischen zu importieren? Gewinn für die Genauigkeit der Aussage gibt es dabei nicht — eher Verwirrung, weil zwei Konventionen miteinander vermischt werden. Auch keinen Gewinn an sprachlicher Identität. Die Öffnung der Sprache gegenüber nachbarlichen Einflüssen ist, wie der Begriff schon sagt, ein bewusster und auch positiver Akt. Doch sollte man hellhörig werden, wenn die Aussagefunktion der Sprache dadurch nicht gestärkt, sondern eher gestört wird.