Lektorieren

Korrigieren  ⋅  LEKTORIEREN  ⋅  Umarbeiten

Nehmen Sie einen kleinen Einblick, wie das Lektorieren in der Praxis funktioniert. Das Lektorat kümmert sich um ein möglichst ökonomisches und zweckmäßiges Verhältnis zwischen sprachlicher Form, beabsichtigter Aussage und Zielpublikum: Wurde dafür, was gesagt werden soll, das richtige Wort, der treffende Vergleich, der passende Ton gefunden? Wirken Wortwahl und Satzbau für ein Publikum aus interessierten Laien zu akademisch, für ein Fachpublikum zu stark vereinfacht, für ein Prüfungsgremium zu informell, für Unternehmenskunden zu wenig kreativ? Das Lektorat fragt natürlich auch nach dem Sinn einer Aussage, nach ihrem Platz innerhalb der Gesamtdarstellung und -argumentation.

Der Ausgangstext dieses Beispiels enthält Begriffe und Formulierungen, die einem Antrag für ein Dissertantenstipendium nicht übermäßig bekommen. Daher waren auch gröbere Eingriffe in den Text nötig. Solche Eingriffe sind für einen Lektor so heikel wie für den Autor. Man möchte nicht dessen Stimme mit dem eigenen Sprachmaterial ersetzen, sieht aber auch die Mängel und muss verhindern, dass diese der Absicht des Textes im Weg stehen.

LektoratRohtextKommentar
1. Arbeitsbeispiel Lektorat
Rohtext vor dem Lektorieren
Man versteht, was mit der “Faszination Chavez” gemeint ist, aber man weiß auch, woher diese Verkürzungs- und Gleichsetzungstechnik kommt: aus der Werbung. Die Naivität, die sich zusätzlich im Verzicht auf Anführungszeichen zeigt, widerspricht sichtlich dem intellektuellen Anspruch eines wissenschaftlichen Textes. Dass die Politik zwischen Venezuela, Kuba und den USA während der Regierung Chavez’ als die Interaktion dreier Politiker dargestellt wird, macht den Text zwar leicht verständlich, verfehlt aber die Leserzielgruppe — Evaluatoren, die unter den vielen, die sich bewerben, die wissenschaftlich kompetentesten aussuchen sollen.
LektoratRohtextKommentar
2. Arbeitsbeispiel Lektorat
2. Rohtext vor dem Lektorieren
Bestimmte Entscheidungen können nicht mehr gefällt werden, ohne den Autor zu konsultieren. Bei dieser Passage ist aus dem Ausgangstext zwar zu erahnen, was gesagt werden sollte, der Mangel an Form und Reflexion ist aber so eklatant, dass zumindest eine präzisierende Überarbeitung notwendig ist. In solchen Fällen erhalten Autor oder Autorin eine Nachricht mit der Bitte um Nachrecherche bzw. Neuformulierung und, soweit möglich, bereits einen Textvorschlag dazu.