FALSCH PLAZIERT
Wie kann etwas, das auf den Tisch kommt, gleich darauf am Tisch sein? Leider sanktionieren Wörterbücher auch “mehrheitsfähige” Formen, die logisch falsch sind und Information vernichten. Der österreichische Gebrauch von am ist so ein Fall.
Diese Präposition kombiniert an und dem. Sie gilt nur für grammatikalisch männliche und sächliche Wörter, was uns schon zu denken geben sollte. Was “am” bzw. “an dem” ist, schließt an etwas oder jemanden an, befindet sich also vor, hinter oder neben dem jeweils Bezeichneten:
Trotzdem wird in Österreich immer häufiger am für auf dem verwendet. Vermutlich auch, weil es für letzteres keine verkürzte Form gibt. Etwas steht also am Papier, das Papier liegt am Tisch, wir fahren am See und so weiter. Das funktioniert, solange aus dem Kontext hervorgeht, was gemeint sein dürfte. Wenn jedoch eine Aussage andere als die gewohnten Inhalte zu vermitteln versucht, wird die Bedeutung unklar:
“Sie saß bei ihm am Bett.”
Wo saß sie? Direkt beim Bett (was am tatsächlich bedeutet) oder auf dem Bett? Oder:
“Der freche Eindringling saß plötzlich am Tisch und war nicht von dort wegzubringen.”
“Weil er am schmalen Weg stand, behinderte er die anderen.”
Man kann die Sprache durchaus vereinfachen um den Preis, in einem spezielleren Kontext größeren Aufwand treiben zu müssen. Doch entscheidend ist: Es geht um Logik, Mächtigkeit und Transparenz dieses wichtigsten aller Zeichensysteme. Bei jeder Änderung sollte man sich bewusst machen, was man bekommt und was man dafür aufgibt.